Use Cases

Use Cases die funktionieren. Die Praxistipps zu Marketing Automation.

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Fallstudie: Identifikation von Kaufbereiten Leads Identifizieren bei MySign

Von Reto Baumgartner, Gründer und Teilhaber von MySign AG, und Marc Gasser (CEO Pedalix GmbH)

Ausgangslage

MySign AG vereint Agentur und Softwarehaus gepaart mit dem Know-how aus eigenen E-Commerce-Ventures wie Linsenmax, VJii oder Eventfrog. MySign positioniert sich als Meinungsführer im Bereich E-Commerce Automation. Das ist ihre Kernkompetenz mit Spezialisten in User Experience, Frontend- und Software-Entwicklung. E-Commerce Automation bezeichnet die Optimierung von Prozessen. Dies beinhaltet die Durchgängigkeit von Daten, die Erhöhung der Performance, die Automatisierung der Kommunikation und die Verbesserung des Kundenerlebnisses.

Die Herausforderung: Lead Nurturing für nicht kaufbereite Kontakte

Unternehmen betreiben häufig "Random Acts of Marketing" und fokussieren sich mit kurzfristigen, teuren Kampagnen auf jene Kontakte, die heute schon kaufbereit sind (Demand Capture). Die Realität ist aber, dass 97 bis 99 Prozent nicht kaufbereit sind, obwohl diese Kontakte in der Zielgruppe sind. Aggressive Sales-Taktiken sind nicht nur störend, sondern bringen auch keinen Mehrwert. Wenn das Timing nicht stimmt, werden so viel Energie und Ressourcen verschwendet.

MySign geht einen neuen Weg. Die Autoren fokussieren sich also auf die 97 bis 99 Prozent nicht kaufbereiten Kontakte und auf die Bereitstellung von Mehrwert. Die Herausforderungen dabei sind:

  1. Fehlende Ressourcen für die Leadgenerierung und Content-Marketing: eine informative Monster-Customer-Journey vollumfänglich für lange Sales-Zyklen abzubilden, dauert Jahre und ist neben dem Tagesgeschäft für eine mittelständische Unternehmung kaum aufzubauen.
  2. Fehlende Informationen, welche Kontakte kaufbereit sind: gemäss der Idee von „Dark Social“ gibt es Bereiche, die man gar nicht tracken kann und muss. Wenn etwa eine Empfehlung ausgesprochen wird, ein LinkedIn-Post oder YouTube-Video über E-Commerce Automation konsumiert wird – das ist zu komplex, um nachzuverfolgen und beruht zunehmend auf Annahmen. Diese Beeinflusser können nicht über ein End-to-end-Tracking in der Systemlandschaft integriert werden.
  1. Die Lösung: Erhebung der Kaufbereitschaft durch Industrie-Benchmarks

Anstatt einer langen Planungsphase für die ultimative online Customer Journey setzt MySign eine Micro-Journey mit wenigen, gezielten Touchpoints iterativ um. Der Fokus liegt auf der automatisierten Pflege aller Kontakten in der Zielgruppe. Es wird bewusst nicht die gläserne 360°-Kundensicht angestrebt. MySign geht einen neuen zielführenden Weg, durch automatisierte Schritte die Leads mit Umfragen, Benchmarks und Webinaren zu pflegen. Dabei werden unaufdringlich Fragen zur deren Problemstellung der einzelnen Kontakte gestellt und somit Zero-Party-Daten erhoben. Die Antworten ergeben laufend neue Erkenntnisse, welche anonymisiert mit den Teilnehmern geteilt werden und Ausschluss über die individuelle Kaufbereitschaft ergeben.

Oracle schlussfolgert in einer aktuellen Studie, dass sich durch Lead Nurturing, also die automatisierte Pflege mit Marketing Automation, bis 450 Prozent mehr Leads qualifizieren lassen (Oracle 2022). Damit erreicht MySign nicht das „Top-of-Mind-Bewusstsein“ bei der Zielgruppe, sondern löst auch gleichzeitig das Content-Problem – indem sie einzigartigen Content mit den Studien-Ergebnissen generieren. Die Berater erhalten somit eine Grundlage sich bei den potenziellen Kunden aktiv zu melden, um ihre Expertise anzubieten – jedoch nur wenn diese auch gewünscht wird.

Resultat

Relevante, einzigartige Inhalte durch Industrie-Reports. Der Fokus gilt dabei dem Lead Nurturing. um endlich herauszufinden, welche einzelnen Kontakte eine Kaufbereitschaft erklären, mit folgenden Resultaten: 

  • Die Marketing-Abteilung übernimmt Sales-Funktionen. Historisch gesehen gibt es den Verkäufer, der früher alles gemacht hat. Vor der Internet-Ära gab es jene Verkäufer, die Leads recherchierten, an die Messe einluden, die Produktdemos machten und die Verträge abschlossen. Neu ist es, ein Zusammenspiel von Sales und Marketing, mit Kontaktdaten von einer bisher nicht dagewesenen, hohen Qualität. Der potenzielle Kunde bemüht sich sogar von sich aus um einen Demo-Termin.
  • Die automatisierte Pflege von neuen und bestehenden Kontakten für effektivere Sales-Teams. Wenn ein Netzwerk an passenden Kontakten aufgebaut wurde, kann regelmässig abgefragt werden, wie es mit der Kaufbereitschaft aussieht. «Fallen in den nächsten 12 Monaten umfassende Investitionen in E-Commerce an?» So werden etwa von 1'000 Kontakten nur die relevanten 10 bis 30 Kontakte mit deren Problemstellung dem Beratungs-Team übergeben.
  • Daraus resultiert eine Content-Strategie mit einzigartigen Inhalten und einer systematischen Verteilung von neuen Erkenntnissen aus den regelmässig validierten Benchmarks und Umfragen. Inhalte, die in Webinaren umfassend diskutiert werden können. Das ist der Grundpfeiler einer „Community“ und baut und pflegt so ein Netzwerk von Interessenten mit einzigartigen Inhalten.

Das Vorgehen für ein Industry-Report-Webinar in drei Schritten erklärt

Das Ziel ist eine Micro-Journey, welche zu einem Webinar führt, in welchem der Industry Report und Benchmark zu E-Commerce Automation vorgestellt wird.

Lead Nurturing heisst, sich auf die bestehenden Kontakte zu fokussieren, ein relevantes Thema finden und mit diesen einzigartigen Inhalten die Kommunikation am Laufen halten, damit die Interessenten bereit sind mehr zu erfahren und MySign nachhaltig als Meinungsführer positioniert ist.

Planung

Zuerst erfolgt die Planung. Es wird Zielgruppe definiert und die Produktpositionierung erarbeitet. Dies beinhaltet die Entwicklung von Messaging und Umfragedesign.

Am Ende wollen Marketing- und Vertriebsmitarbeitende ein CRM, das sich mit kaufbereiten Leads füllt. Dabei will man nur die kaufbereiten und nicht jeden lärmigen, unpassenden Kontakte im CRM. Diese Kontakte für den Beziehungsaufbau werden (noch) nicht mit der Organisation geteilt. Die Lead-Datenbank oder Custom Data Plattform (CDP) erfüllt den Zweck, die Kontakte mit deren explizit geteilten Antworten so zu speichern, damit diese später (bei Signalen zur Kaufbereitschaft) an die nötigen Umsysteme bereitgestellt werden können. Diese Lead-Datenbank ist der «Master», um alle Kontaktdaten zusammenzuführen. Das CRM hingegen ist ursprünglich dafür vorgesehen, die bestehenden Kundenbeziehungen zu verwalten. Hauptsächlich durch den Vertrieb. Bevor also nicht explizit angegeben wird, dass der Kontakt plant Kunde zu werden, soll dieser nicht im CRM erscheinen.

Der LinkedIn Sales Navigator ist für Kontaktdaten die beste Quelle, da die Daten auch von den Leuten selbst aktualisiert werden. Es sind unzählig andere Quellen vorhanden, die unter anderem Kontaktdaten bereitstellen und anreichern können. Es bieten auch Outbound-Mailing-Tools wie Apollo.io und Hunter.io dieses «Enrichment» an. Diese Dienste bieten auch Daten zur Kaufbereitschaft an (Buying Intent Signale), basierend auf Social-Media-Posts, Job-Wechsel oder Job-Inserate, welche von den Unternehmen publiziert wurden. Die Daten sind jedoch mehrheitlich eine Kopie von LinkedIn Sales Navigator und speziell für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oft veraltet. Es sind keine Zero-Party-Daten, die direkt von den Kontakten erhoben wurden. 

Experimente 

Mit der oben besprochenen Grundlage geht es an das Experimentieren. Die Autoren haben die erstaunlichen Erfahrungen mit einem Industry-Report gemacht. Um nicht gerade mit einer repräsentativen, wissenschaftlichen Marktforschung starten zu müssen, wurde eine Vorstudie gemacht, eine Micro-Survey, bei der professionelle Umfragesoftware für die erste Befragung genutzt wurde. 

Das sind Experimente, um die relevanten Themen, Herausforderungen und Lösungsansätze auf dem Markt zu testen. Wenn also ein Kontakt die Umfrage ausfüllt und die E-Mail-Adresse angibt oder einen personalisierten Link dafür nutzt, weiss der Studienherausgeber, welche Themen von Interesse sind. Das sind die wertvollen Angaben direkt von der Zielgruppe. Dies führt zu aufbereiteten Kontaktdaten, die direkt von der Kommunikation mit dem Kontakt automatisiert erhoben worden sind.

Gestartet wird mit einer E-Mail-Sequenz und dem Link zur Micro-Survey, bis hin zur ausgefüllten Umfrage und der Einladung zum Webinar sind diese Daten zentral gespeichert: Bei der Vorstudie und dem initialen Versand per E-Mail an die potenzielle Zielgruppe, ist der Mehrwert für den Empfänger sehr zentral. Dazu nutzen die Autoren Live Resultate, welche gleich nach der Micro-Survey angezeigt werden. Wie bei LinkedIn-Polls sieht man dann gleich nach der Antwort, was die anderen 520 Kontakte geantwortet haben. Bei der Micro-Survey sieht ein Teilnehmer oder eine Teilnehmende unmittelbar, dass andere ähnliche Probleme haben und er bzw. sie fühlt sich abgeholt. Diese Schritte werden automatisiert durch das Tracking entlang der Micro-Journey.

Jene Teilnehmende, die eine Kaufbereitschaft zeigen in der Micro-Survey oder dann in der Umfrage während des Webinars werden in eine separate Liste segmentiert und im CRM markiert. Wie zuvor erwähnt, werden es nur eins bis drei Prozent sein, die heute ein klares Marketingsignal zeigen. Es werden auch Polls von LinkedIn mit der Micro-Survey kombiniert und die Resultate für eine umfassendere Gesamtansicht damit ergänzt. 

Neben dem CRM ist die Landingpage ein wichtiges Element. Die Landingpage ist die zentrale Anlaufstelle für die Kommunikation. Auf der Landingpage wird beispielsweise aufgezeigt, warum diese Umfrage durchgeführt wird und auf das Webinar hingewiesen, in welchem der umfassende Bericht vorgestellt wird. Der Webinar-Link kann über ein Formular angefordert werden und der Kontakt wird in der Lead-Datenbank entsprechend angereichert.

Zusätzlich ist es sinnvoll, die Registrationen mit LinkedIn Events zu verbinden. Diese Konversionsrate ist erstaunlich gut, denn über LinkedIn Events können sich die Interessenten mit einem Klick anmelden und der Nutzer verlässt seine LinkedIn-Ansicht nicht. Nach dem Webinar wird die Landingpage aktualisiert, das Recording zum Webinar aufgeschaltet und die Teilnehmenden mit einem Follow-up angeschrieben. Follow-ups werden auch an die No-Shows verschickt, damit sie ebenfalls das Recording anschauen können und (auch zeitlich versetzt, asynchron) die Webinar-Umfrage ausfüllen können.

Skalierung 

Nach der ersten Micro-Journey, mit Umfragen und dem Ziel der Webinar-Registrierung, werden die Experimente weiter ausgewertet, um das gewählte Messaging neu zusammenzusetzen und sich ausschliesslich auf relevanten Themen zu fokussieren. Der Content-Plan für einzigartige Inhalte, die wirklich interessieren, wird ebenso angepasst, wie der Prozess für die Aufbereitung von Content-Bausteinen, der Benchmark-Daten und das Umfragedesign. 

Auf dieser Basis entsteht eine Deep-Dive-Survey, um richtigen Mehrwert mit einem umfassenden Industry-Report zu erstellen. Die oben genannten Abläufe werden mit Marketing Automation Workflows automatisiert:

  1. E-Mail-Sequenz zur Teilnahme an der Deep-Dive-Survey
  2. Follow-up-E-Mails falls noch nicht teilgenommen, inklusive den ersten Erkenntnissen der Umfrage
  3. Publikation von Benchmark aus den Umfragedaten
  4. Einladung für Webinar und Präsentation der Resultate

Am Ende geht es bei der Skalierung darum, einen Workflow zu entwickeln, welcher die Leads und Kontakte regelmässig pflegt. Die Experimente lassen sich entsprechend optimieren und wiederverwenden. Die nochmalige Durchführung einer Deep-Dive-Survey verwendet darauf die gleichen Abläufe und die Prozesse lassen sich jährlich wieder durchführen für ein kontinuierliches Pflegen mit relevanten Inhalten.

Ergebnisse, Mehrwert und Limitationen

Die ersten Resultate zeigen bei über 1‘800 Kontakten, die automatisiert gepflegt werden, eine sehr hohe Teilnehmerquote an der Umfrage von über 10 % und die Webinare stießen mit 120 Registrationen auf reges Interesse. Die Kaufbereitschaft von 1 bis 3 % wurde auch bestätigt.

Der Mehrwert dieser Automatisierung ist eine neue Art von Lead Nurturing, bei dem es durch die passgenauen Inhalte nicht als lästige Sales-Aktivität wahrgenommen wird, sondern die Relevanz zu den Themen sehr geschätzt wird.

Die Limitationen liegen im Detail, so ist es sehr zeitaufwendig ein Messaging und zu finden und ein Hauptthema, welches nachhaltig auf akutes Interesse stösst. Es sind die Themen die direkt mit den grössten Problemen der Zielgruppe zu tun haben und meist auch einem aktuellen Trend wie Generative AI, Automation oder Cybersecurity folgen. Die Registrierung über LinkedIn Events funktioniert sehr gut, hat jedoch den Nachteil, dass viele Nutzer die private E-Mail-Adresse hinterlegt, haben für die Anmeldung und entsprechend dann nicht mit der Firmenadresse

Abbildung 32: Micro-Survey zum Thema E-Commerce Automation der MySign AG

What experts think

Mit der Erhebung von Zero-Party Daten kann man die Qualifizierung von B2B Leads erheblich vereinfachen.

Marc Gasser

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